Fotos: Anke Dorn-Kapfer und Jennifer van Bergen
Auch im letzten Jahr folgten Jungfalknerinnen und Jungfalkner aus Hessen und Rheinland-Pfalz mit und ohne Beizvögel der Einladung des Obmanns für praktische Falknerei zur Jungfalkner- und Rotvogelbeize auf Krähen. Das Ziel: die Kunst der Krähenbeizjagd unter erfahrener Anleitung in der Praxis zu erlernen, Erfahrungen zu vertiefen oder einfach die Jagd in guter Gesellschaft zu genießen.
Bereits am Freitagabend trafen alle Teilnehmer im Unterallgäu ein. Einige hatten sich bereits bei Regenwetter auf dem Weihnachtsmarkt getroffen. Da ich aber diesmal nach gefühlt unendlich langer Fahrt mit der Bahn angereist war und der Obmann mich glücklicherweise bei ungemütlichem Nieselregen vom Bahnhof abholte, war mir nicht mehr nach Weihnachtsmarkt zumute. Und das, obwohl ich mich eigentlich auf einen Glühwein gefreut hatte. Bei einem gemütlichen Abendessen stimmte der Jagdleiter die Gruppe auf die bevorstehenden Tage ein – mit dem Versprechen zahlreicher Beizmöglichkeiten. Doch der Samstag sollte zumindest in meiner Gruppe eine etwas andere Geschichte schreiben.
Der Samstagmorgen gestaltete sich kalt und nass, die Stimmung war trotzdem voller Vorfreude. Martin, ein Falknerfreund des Jagdleiters, schloss sich zur Unterstützung an. Schließlich sollte die Beizjagd unter anderem auch durch sein Revier führen. Alle Vögel wurden sicher mit angebrachten Sendern in ihren Transportboxen in den Autos untergebracht – und dann konnte es schon losgehen.
Nach dem Beizvogelappell teilte sich die Jagdgesellschaft in zwei Gruppen auf, jeweils mit erfahrenen Falknern und Jungfalknern sowie den unterschiedlichen Vogelarten Habicht, Harris Hawk und Wanderfalke. So bildeten Stephanie, Ramona, Janine und ich als Jungfalknerinnen zusammen mit Sven („Scholle“) die Gruppe um Martin. Katharina und Jenny aus dem Odenwald fuhren mit ihren Habichten bei Poldy mit.
Um halb zwölf kam die erste Nachricht von der anderen Gruppe: Sie hatte bereits die erste Krähe erbeuten können. Falknersheil! Doch die erhoffte Fülle an Krähen blieb in unserer Gruppe aus und die vorhandenen Chancen endeten meist mit Fehlflügen. Nach einigen Stunden Jagd war es Zeit für eine wärmende Mittagspause mit Kaffee und Kuchen bei Martin. Auch die andere Gruppe um den Obmann genehmigte sich einen Mittagsimbiss im Café „Ihle“.
Frisch gestärkt machten sich die Gruppen erneut auf den Weg in die Reviere. Nun setzte auch Martin seinen Habicht ein, um uns Jungfalknerinnen ein wenig Erfahrung und Vertrauen mitzugeben. Doch auch am Nachmittag sah es zunächst nicht besonders vielversprechend aus, und unsere Vorfreude wurde ein wenig gedämpft – bis Martins Habichtsterzel „Lyze“ seinen dritten Jagdflug erfolgreich abschloss. Falknersheil!
Die andere Gruppe dagegen konnte sich nicht über fehlende Chancen beklagen. Nach weiteren Fehlflügen der Habichte war Poldys Wanderfalkenterzel „Halla“ an der Reihe. Er zog seine Kreise über einem einzelnstehenden Baum, in dem ein Krähenschwarm Zuflucht gesucht hatte. Im perfekten Zusammenspiel mit dem Falken trieb Poldy die Krähen mit seiner Ratsche zum richtigen Zeitpunkt aus dem Baum. Doch trotz spektakulärer Flugmanöver blieb der Jagderfolg aus. Dennoch: ein unglaubliches Erlebnis für jeden Jungfalkner, der so etwas noch nie erleben durfte.
Nachdem der junge Habichtsterzel „Ayo“ unserer Falknerkollegin aus dem Odenwald bereits am Vormittag eine Krähe erbeuten konnte, hatte er auch am Nachmittag Erfolg! Dies war die zwanzigste geschlagene Krähe in seinem ersten Flug! Falknersheil!
Auch Katharinas Habichtsweib „Wanja“ durfte es erneut versuchen, und diesmal klappte es! Der Vogel band nach einem kraftvollen Flug eine Krähe. Auch hier: Falknersheil! Die Falknerin aus dem Odenwald hatte das Jagdfieber gepackt und so schlug „Ayo“ direkt im Anschluss an „Wanjas“ Jagderfolg eine weitere Krähe. Und ein drittes Falknersheil für „Ayo“! Was für ein kleiner, gewitzter Rotvogel! Mit dem malerischen Alpenpanorama im Hintergrund und fünf Krähen für die Tagesstrecke ging es zurück zur Unterkunft. Beim Abendessen wurde der Tag reflektiert und analysiert, kluge Ratschläge wurden ausgetauscht und natürlich ausgiebig geschlemmt.
Der Sonntagmorgen sollte mit einem Jagderfolg starten. Nach wenigen hundert Metern Fahrt bot sich eine hervorragende Chance für Janines Habicht „Griselda“: Drei Krähen, unweit entfernt, waren damit beschäftigt, die Wiese nach Futter abzusuchen. Das Habichtsweib startete pfeilschnell aus dem Auto und konnte mit dem Überraschungseffekt auf ihrer Seite eine der Krähen binden. Was ein Erfolg! Falknersheil!
Und auch „Ayo“ war an diesem Sonntagvormittag noch einmal erfolgreich. Weniger Glück hatte das Harrisweib von Ramona. Dem Vogel fehlte wohl noch der letzte Mut. Auch Poldys Wanderfalke blieb ohne Beizerfolg. Zwar zeigte er phänomenale Flüge, doch das Jagdglück blieb ihm an diesem Wochenende verwehrt.
Die Strecke fiel zwar insgesamt etwas kleiner aus als erhofft, doch der Begeisterung tat das keinen Abbruch. Es war ein supertolles, lehrreiches Wochenende, an welches wir uns gerne zurückerinnern werden! Am Nachmittag traten schließlich alle die Heimreise an – mit neuen Erfahrungen, wertvollen Ratschlägen und Vorfreude auf das nächste Mal.
Tausend Dank dir, lieber Poldy, für deine Zeit, Mühe und Geduld. Ebenso herzlichen Dank an Scholle und Martin. Wir werden versuchen, eure Ratschläge in Zukunft so gut wie möglich umzusetzen. Ich freue mich schon auf das nächste Mal – vielleicht dann sogar mit eigenem Vogel!
Anke Dorn-Kapfer