Falknerische "Erste Hilfe"

Wenn der Habicht den Arzt braucht - Ein intensives Seminar für den Ernstfall

29.06. /  24.08. / 01.09.2024

Warum ein Seminar zur Ersten Hilfe für Greifvögel?

 

Für uns Falkner ist es nicht nur eine Frage der Verantwortung, sondern auch eine Notwendigkeit. Unsere gefiederten Jagdpartner können sich bei der Beizjagd oder im Alltag verletzen, und oft werden uns verletzte Wildvögel und Eulen von besorgten Bürgern übergeben. Um in solchen Momenten richtig zu handeln, bedarf es eines fundierten Wissens und entsprechender Fähigkeiten.

 

Auf Initiative eines engagierten Mitglieds des hessischen ODF (Orden Deutscher Falkoniere) wurde in diesem Sommer erstmals ein Seminar zur Erstversorgung von Greifvögeln und Eulen angeboten.

 

Der Andrang war überwältigend: Der erste Kurs war innerhalb eines Nachmittags ausgebucht. Um der großen Nachfrage gerecht zu werden, wurden zwei weitere Termine angesetzt. So konnten zwischen Ende Juni und Anfang September 2024 fast 60 Mitglieder an einem der kostenlosen, fünfstündigen Seminare teilnehmen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den ODF Hessen, der die Kosten für diese wichtige Weiterbildung übernommen hat.

 

Die Seminare wurden von Saskia Nemitz, einer erfahrenen Tierärztin der Vogelklinik Gießen, geleitet. Sie vermittelte ihr umfangreiches Wissen an drei heißen Sommerwochenenden in der Jagdschule Hochtaunus, deren Räumlichkeiten uns freundlicherweise von unserem Mitglied Marc Pellekoorne zur Verfügung gestellt wurden. Trotz Temperaturen von über 30 Grad nahmen die Teilnehmer konzentriert und motiviert an den Schulungen teil.

 

Der Einstieg ins Seminar führte uns Falkner wieder vor Augen, wie wichtig unsere Verantwortung gegenüber den Tieren ist, wie sie im Tierschutzgesetz §2 festgeschrieben ist. In einem rechtlichen Teil, der für viele eine Auffrischung war, setzten wir uns mit dem Tierschutzgesetz, dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Bundesjagdgesetz auseinander. Diese Gesetze bestimmen, was es bedeutet, einen verunglückten und geschützten Wildgreifvogel oder eine Eule zur Erstversorgung aufzunehmen und später wieder auszuwildern. Dabei wurde deutlich, dass Theorie und Praxis rechtlich oft nicht deckungsgleich sind und dass es in unserem Handeln eine bedeutende Grauzone gibt. Der wichtigste Rat: Die Kontaktdaten eines Ansprechpartners bei der Unteren Naturschutzbehörde sollten immer griffbereit sein, besonders für Falkner ohne eigenen Beizvogel, die nicht regelmäßig im Austausch mit den Behörden stehen.

 

Ein zentraler Punkt des Seminars war die Frage der Wildbahntauglichkeit verletzter Vögel. Nicht jeder Unfall lässt eine Rückkehr in die Wildnis zu, und manchmal ist es im Sinne des Tierschutzes notwendig, einen Vogel von seinem Leiden zu erlösen. Doch bei guten Heilungschancen muss der Vogel gemeldet, sorgfältig aufgepäppelt und trainiert werden, um ihm eine zweite Chance in der Freiheit zu ermöglichen. Gerade hier kommt das besondere Wissen der Falkner zum Tragen, die genesene Greifvögel wieder auf das Leben in der Wildnis vorbereiten können.

 

Neben der Theorie wurde auch viel Wert auf praktische Übungen gelegt. Wir lernten, wie häufige Verletzungen durch Verkehr, Kollisionen mit Fenstern oder Stacheldraht, sowie Infektionskrankheiten und Erschöpfung durch schlechte Witterungsbedingungen erkannt und behandelt werden können. Auch das Thema "Entführung" von Ästlingen durch gutmeinende, aber falsch informierte Menschen wurde angesprochen, sowie die Unterscheidung zwischen Ästlingen und Nestlingen – ein wichtiges Detail, das über das Schicksal eines Jungvogels entscheiden kann.

 

Besonders wertvoll waren die praktischen Übungen an toten Vögeln, bei denen wir uns mit der Anatomie und den spezifischen Erste-Hilfe-Maßnahmen vertraut machten. Vom Anlegen von Verbänden bei Knochenbrüchen über die richtige Sicherung des Vogels bis hin zum Erkennen von Schockzuständen und der Vitalzeichen – diese Übungen gaben uns das nötige Rüstzeug, um im Ernstfall ruhig und effektiv handeln zu können.

 

Ein simples, aber entscheidendes Hilfsmittel: der Karton mit Luftlöchern, der einem gestressten und kranken Vogel Ruhe durch Dunkelheit bietet.

 

Die spezifische Erste Hilfe für Beizvögel bildete einen weiteren wichtigen Schwerpunkt des Seminars. Unsere Beizvögel sind vertraut mit Menschen und oft eng mit uns verbunden – sie sind nicht nur Jagdpartner, sondern fast Familienmitglieder. In Notfällen gilt es hier besonders, die Ruhe zu bewahren und mit Bedacht vorzugehen. Wir lernten, wie man Vitalparameter misst, Schockzustände erkennt und welche Erste-Hilfe-Ausrüstung jeder Falkner immer bei sich haben sollte.

 

Am Ende dieser intensiven und lehrreichen Seminartage waren alle Teilnehmer deutlich besser vorbereitet, um im Ernstfall schnell und kompetent handeln zu können. Jeder von uns konnte sein Wissen erweitern, praktische Fähigkeiten erlernen und sich über veterinärspezifische Themen austauschen. Das Seminar war nicht nur eine wertvolle Weiterbildung, sondern auch ein starkes Zeichen dafür, wie ernst wir Falkner unsere Verantwortung gegenüber unseren gefiederten Jagdgefährten und wilden Greifvögeln und Eulen nehmen.

 

Susanne Minneker

ODF Hessen


Rückmeldungen unserer Teilnehmer:

 

Silke: "Aus dem Seminar konnte ich doch einige Informationen mitnehmen und auch die Gesetzeslage etwas vertiefen. Vielen Dank an Saskia für den sehr gelungen Präsentation."

 

Oliver: "Es war wirklich gut und informativ. Ich habe mich darauf gefreut und wurde nicht enttäuscht. Danke." 

 

Anja: "Ich fand es gut, dass uns gezeigt wurde, wo man den Puls am Vogel messen kann. Vieles hat man nach der Prüfung einfach wieder vergessen... und vor allem: Wie geht man vor, wenn man plötzlich zu einem verletzten Vogel gerufen wird oder einen findet? Dann vergisst man vor lauter Aufregung auch schnell den rechtlichen Teil oder die Vorsicht bei Infektionen und Krankheiten..."

 

Patrick: "Vielen Dank nochmal für die Organisation des Seminars und dass ich daran teilnehmen durfte. Der Tag war sehr lehrreich und hat mir als Laie viel Neues gezeigt. Saskia hat alle Themen super rüberbringen können und die Möglichkeit direkt an den mitgebrachten Vögeln einiges anschauen und ausprobieren zu können war top.  Für Leute, die sich für Vögel interessieren und sich etwas mehr engagieren wollen, war es ein wirklich gutes Seminar, das man jedes Jahr wieder zur Auffrischung besuchen kann.“

 

Stephanie: "Wir möchten uns noch einmal für das Angebot zu diesem sehr lehrreichen und informativen Erste-Hilfe-Kurs bedanken. Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Dozentin ihre Freizeit für dieses Thema „opfert“ und der ODF die Kosten für die Mitglieder übernimmt. Auch für die Organisation und die Räumlichkeiten vielen Dank an alle Beteiligten.“

 

Sabine & Hartmut: "Nochmals vielen Dank, dass Sabine und ich heute an dem Seminar teilnehmen durften. Wir konnten viel aus dem sehr interessanten und spannenden Vortrag von Saskia Nemitz mitnehmen und werden sicher auch in Zukunft davon profitieren. Und auch vielen Dank an Saskia, die das Seminar sehr gut gemacht hat."

 

Helena: “Wir fanden das Seminar sehr lehrreich mit viel Input. Schade ist allerdings, dass trotz Nachfrage kein Handout zur Verfügung gestellt wurde. Manchmal möchte man nachlesen, ob man etwas noch richtig im Kopf hat. Vielen Dank für die Organisation."

 

Tanja: „Die Seminarunterlagen waren ziemlich identisch mit dem Krankheitsteil meiner Falknerausbildung und somit eine sehr gute Auffrischung. Der praktische Teil an den Vögeln war neu und super. Das sollte man wie einen Erste Hilfe Kurs regelmäßig wiederholen."

 

Vroni: "Für mich war es sehr interessant, wie man einen Verband anlegt. Da wir schon viele Vögel zu pflegen hatten, war nicht viel Neues dabei. Es gab auch viele Infos über den Falknerkurs.