Leider hatte es für Rebecca Ohnesorge mit ihrem ersten Beizjagderfolg überhaupt bei der Neujahrsbeize im wunderbaren Kaninchenrevier von Kati und Alexander Junker nicht geklappt. Die im Moment noch jüngste „Jungfalkerin“ (16) des ODF Hessens wollte heute die zweite Gelegenheit zur Beize an der „Sieg“ nutzen, um zum Erfolg zu kommen. So brachen Rebecca und ich mit unserem Vogel, unseren Frettchen und all dem notwendigen Equipment am Morgen des 10. Februar 2018 hoffnungsvoll von Limburg aus Richtung Nordwesten auf.
Am verabredeten Sammelpunkt angekommen, hatte sich doch eine stattliche Corona zusammengefunden: Unser Hessischer Komtur Berthold Geis sowie seine beiden Harris-Hawks Harry und Sally, die Falkner Achim Diener und Wolfgang Post, Rebecca und Stefan Ohnesorge mit Harris Mary, Thomas und Janin Schneider mit Junghund Bosco (Kleiner Münsterländer), 4 Jagdgäste und last but not least, die Revierpächter Alex und Kati Junker, diesmal mit Rotschwanzbussard und ihren beiden Hunden.
Nach herzlicher Begrüßung gab Alex die Einweisung ins Revier und teilte die „Mannschaft“ in zwei Gruppen auf:
Berthold mit seinen beiden Vögeln, die Falkner Wolfgang und Achim sowie die Jagdgäste; Rebecca und ich mit Vogel, Kati und Alex mit Vogel und 2 Hunden, Thomas und Janin mit Hund. Thomas, unser hessischer „Krähenfalkner“, wollte mit seiner Tochter wieder einmal eine Kaninchenbeizjagd begleiten und seinen jungen Hund mit Hilfe der erfahrenen Jagdhunde von Kati und Alex an die Suche nach Kaninchen an den Bauen heranführen.
Beide Beizjagdgruppen gingen umgehend ans Werk. Nachdem die „Sieg“ Anfang Februar wieder einen normalen Wasserstand eingenommen hatte, konnten wir gleich ufernah die ersten Baue ausmachen. Unser Vogel – heute in seinem idealen Jagdgewicht – war schnell fertiggemacht und Rebecca ließ unser jagderprobtes Frettchen Jessie in eine Röhre am Uferhang einschliefen. Da Jessie nicht gleich wieder an der Oberfläche erschien, stieg die Spannung, der Bau musste befahren sein. Ein Kaninchen sprang nicht weit von uns und unser Harris startete – jagte aber nicht hinter dem Kaninchen her, sondern flog in sicherer Höhe in einen Uferbaum und fing an, sich zu putzen.
Was für eine Enttäuschung! Meine Befürchtungen waren eingetreten – Mary mag Hunde überhaupt nicht, obwohl sie selbst mit unserem Hund groß geworden ist, den sie auch toleriert, aber nur diesen. Auch wenn heute das übliche Warngeschrei fehlte, war ihr doch schon auf der Faust anzumerken, dass sie angespannt war – die 3 Hunde, die (zwar ruhig) in der Nähe warteten, waren einfach zu viel für sie. Offensichtlich ist dem Vogel genetisch „in die Wiege gelegt“ worden, dass hundeähnliche Tiere die Hauptfeinde der Harris-Hawks sind, und zwar die Kojoten in den Wüstengebieten ihrer Ursprungsheimat New Mexico (USA).
Erst als sich die Falknerkollegen mit den Hunden weiter weg entfernt hatten, ließ sich Mary bewegen, wieder auf die Faust zurückzukommen. Als die Hunde wieder dazustießen, zeigte der Vogel durch häufiges Abspringen weitere Fluchttendenz: Sicherheit geht eindeutig vor Appetit bzw. Jagdtrieb! So blieb Rebecca und mir nichts anderes übrig, als uns von der Hundegruppe abzusetzen, um überhaupt die Chance auf einen Jagdflug zu bekommen. Während die anderen weiterzogen, gingen wir entlang der „Sieg“, wo die Baue noch unbejagt waren. Nach einigen Bauen, die mehr dem Schliefentraining unserer Frettchen dienten, konnten wir einen vielversprechenden Bau ausfindig machen. Mary war immer lockerer geworden und widmete ihre Aufmerksamkeit endlich dem Jagdgeschehen. Rebecca ließ das Frettchen einschliefen und nach kurzer Zeit bewegte sich direkt vor mir und Mary die Erde. Erst war nur eine Schnauze zu sehen und ich dachte, das Frettchen wühlt sich aus der Erde, doch dann wurde der Kopf größer und ein Kaninchenauge blickte uns an. Da wir ganz ruhig standen und das Frettchen von innen Druck machte, zwängte sich das Kaninchen heraus und wollte von uns weg flüchten. Es kam nicht weit, Mary hatte es mit sicherem Kopfgriff gebunden. Während ich dem Vogel zu Hilfe kam, zwängte sich ein zweites Kaninchen aus dem Bau und setzte sich ab. Rebecca und ich freuten uns sehr über den Erfolg unseres Vogels. Das Kaninchen wurde abgefangen, der Vogel konnte sich beruhigen und war nach dem Aufnehmen auf die Faust wieder in Jagdstimmung.
Jetzt war die Zeit für Rebecca gekommen. Wir nahmen uns Bau für Bau vor, Rebecca ließ Mary von ihrer Faust starten und unser Harrisweib verfolgte die springenden Kaninchen, konnte sie aber vor dem rettenden nächsten Bau nicht erreichen. Trotz mehrerer vergeblicher Flüge ließ sie sich nicht frustrieren, sie war wirklich in guter Form. Schließlich gelangten wir an einen Bau mit zahlreichen Ein- bzw. Ausgängen, nicht weit davon eine größere Fläche mit vertrocknetem Schilf. Ich ließ unser Frettchen einschliefen, in der Nähe dieser Schilffläche sprang ein Kaninchen und Mary nahm sofort die Verfolgung auf. Das Kaninchen floh in das Schilf und Mary schien auf einen Baum ganz in der Nähe zu fliegen. Doch plötzlich steilte sie auf, kippte seitlich ab und aus dem Schilf war das Klagen des Kaninchens zu hören. Wir rannten los und konnten den Vogel, der das Kaninchen sicher am Kopf gegriffen hatte, zusammen mit diesem aus dem Schilf bergen. Nach dem Abfangen des Kaninchens und dem Festmachen des Vogels konnte Rebecca ihr verdientes Falknersheil für ihr erstes gebeiztes Kaninchen entgegen nehmen. Was für ein Glück und große Freude bei uns beiden!
Zufrieden und beladen mit 2 erbeuteten Kaninchen machten wir uns auf den Weg zur vereinbarten Mittagspause am Treffpunkt. Nach und nach kamen alle zusammen – soweit sie nicht damit beschäftigt waren, auf Frettchen zu warten, die nicht aus dem Bau kommen wollten. Bei Speis und Trank stärkten wir uns, in der Hoffnung auf weitere schöne Flüge am Nachmittag.
Die gab es auch – wenn auch meistens ohne Erfolg. Mal war der nächste rettende Bau zu nahe, mal der Hund nicht weit genug außer Sicht. Auch Alex und besonders Kati gaben sich viel Mühe, ihren Rotschwanzbussard zum Erfolg zu bringen – aber er ließ interessanterweise beste Chancen ungenutzt, tat nicht den letzten entscheidenden Griff. Doch Kati und ihr Rotschwanz bewiesen, dass Aufgeben die schlechteste aller Varianten ist. Denn am späteren Nachmittag, kurz vor Beendigung der Beizjagd, flog der Vogel bei einer eher ungünstigen Chance endlich beherzt los und jagte dem Kanin hinterher. Man merkte, das will ich jetzt haben und kam so zu seinem Beizerfolg, worüber wir alle froh waren und Kati ein herzliches Falknersheil übermittelten.
Auch Mary hatte zum Jagdende noch einmal einen sehr langen Jagdflug, als sie ein Kaninchen über 100 m von der „Sieg“ weg verfolgte und dabei zu unserem Schreck auf einen mit Stacheldraht bewehrten Zaun zuflog, den das Kaninchen unterquert hatte. Doch der Harris-Hawk flog geschickt zwischen den Querdrähten durch, konnte aber das Kaninchen vor dem rettenden Bau nicht mehr einholen und binden. Trotzdem war es für uns ein toller Abschluss eines wunderbaren Jagdtages.
Ein herzliches FALKNERSDANK gebührt Kati und Alexander für die Beizjagdeinladung in ihrem Revier und die weitere Einladung zu sich nach Hause, wo wir noch einige Stunden bei guten Getränken weiter fachsimpeln durften.
Falknersheil,
Stefan Ohnesorge
Komturei Hessen