Ein etwas anderer Bericht über U-Boote und Kampfjets
Allem voran sei gesagt: Kein einziges Kaninchen kam zur Strecke! Dennoch war dieser Beizjagdtag für mich als Gast einer der spannendsten und ereignisreichsten, die ich bis jetzt erleben durfte!
Dies ist kein falknerisch korrekter Bericht. Es ist die laienhafte Schilderung einer frischgebackenen, von der Beizjagd begeisterten Jungjägerin. Ich bitte also schon hier alle Fachleute um Entschuldigung für das fehlerhafte Vokabular. Wahrscheinlich habe ich auch die eine oder andere entscheidende Situation verpasst, weil mich in manchen Momenten vermeintlich unwichtige Details gefesselt haben. Mea culpa!
Noch nie zuvor habe ich derartig viele Kaninchen springen sehen. Fast jeder Bau, der frettiert wurde, war befahren. Die Frettchen haben - zumindest in meinen Augen - hervorragende Arbeit geleistet.
In einem sehr im Dornengestrüpp verborgenen Bau konnte ich Vronis Frettchen „Tanja“ in aller Stille bei der Arbeit beobachten. Die Falkner waren außerhalb des Bewuchses in Richtung Ackerfläche platziert, um den Harris-Hawks freies Flugfeld zu gewähren. Ich ließ in meinem einsamen Versteck das Frettchen in einen von ca. 6 Ein- und Ausgängen und konnte voller Begeisterung - ohne jegliches menschliches Eingreifen - beobachten, wie gewissenhaft die kleine Fähe Röhre für Röhre durchdrückte. Immer wieder kam sie aus der einen Röhre heraus, um zielstrebig die nächste Röhre ins Visier zu nehmen. Und das mit großem Erfolg! 5 oder 6 Kaninchen mussten die Flucht ergreifen. Leider konnte kein Harris zuschlagen. Xenias „Pearl“ sollte hier - wie sich am Ende des Tages herausstellte - ihren einzigen Jagdflug des Tages absolvieren. Leider ohne Erfolg! Die Kaninchen waren einfach zu gerissen!
In einem anderen Bau - ebenfalls im dichten Bewuchs zwischen zwei Ackerflächen - kam die jüngere Frettchen-Fähe „Lola“ von Simone und Milena zum Einsatz. Die Falkner waren hier wieder auf die gleiche Weise wie vorher beschrieben abgestellt. Sollten die Kaninchen zur rechten Seite rausspringen, sollte Milenas Harris-Weib „Hexe“ die Verfolgung aufnehmen. Die Kaninchen, die die Flucht zur linken Seite hin antreten würden, waren abwechselnd für Xenias Harris Weib „Pearl“, oder für Bernds „Zoe“ vorgesehen. „Lola“ drückte ein Kanin nach dem anderen aus dem Bau! Man sah das Frettchen immer mal wieder kurz an der Oberfläche, um systematisch den ganzen Bau abzuarbeiten. In den kommenden 15 Minuten hörten wir immer wieder Milenas Ruf „Vogel frei“.
Die Kaninchen ergriffen zielstrebig die Flucht über den von Milena und „Hexe“ abgedeckten Acker. Die noch recht unerfahrene „Hexe“ hatte an diesem Tag zweifelsohne die meisten Jagdchancen. Und sie hat es unermüdlich immer und immer wieder versucht. Leider erfolglos. Das unmittelbar an den freien Acker angrenzende, eingezäunte Gartenstück, bot den Kaninchen einen Zufluchtsort, der für die Harris-Hawks nur nach einer Vollbremsung vor dem Gartenzaun erreichbar war. Und bis dahin hatten die Kaninchen die nächste Röhre auf dem Gartengrundstück erreicht. Die meisten Jagdflüge - das muss ich leider gestehen - habe ich verpasst. Ich stand im dichten Gestrüpp an den Bauen und war fasziniert von den emsigen Frettchen.
Weitere spektakuläre Jagdflüge konnten wir am Nachmittag an einem Bau beobachten, der für mich als Neuling anfänglich sehr uninteressant aussah. In Laufe der nächsten Minuten sollte ich eines Besseren belehrt werden. Es handelte sich um einen recht flachen Erdwall, der mit dichten, dornigen Hagebuttenbüschen bewachsen war.
Wir konnten den Bau komplett umzingeln und das Katz- und Maus-Spiel zwischen Frettchen und Kaninchen, das sich dann im lichten Gestrüpp abspielte, wunderbar beobachten. Vroni setzte zunächst eines ihrer Frettchen und kurze Zeit später noch ein zweites hinein. Die beiden nahmen die Verfolgung auf. Immer wieder sahen wir, wie ein - oder manchmal sogar zwei - Kaninchen innerhalb des Geästes umher rannten und in der nächsten Röhre verschwanden. Immer dicht verfolgt von einem Frettchen!
Es wurde abgesprochen, welcher Vogel in welche Richtung freigegeben werden sollte. Auch hier hatte Milenas „Hexe“ wieder einige Chancen - konnte sie allerdings nicht erfolgreich nutzen. An dieser Stelle komme ich nicht umhin, den unglaublich guten Appell von „Hexe“ zu erwähnen. Vollkommen egal, wie weit entfernt der Vogel nach abgebrochenem Jagdflug aufbaumte - ein Ruf von Milena genügte, und „Hexe“ eilte zu ihr zurück. Sehr beeindruckend! Und sehr bequem für Milena! Sie muss ihren Vogel nicht suchen und sie muss sich fast nicht bewegen. „Hexe“ weiß, wo sie hingehört!
Sehenswertes spielte sich mehrfach am Ausgang des Baues direkt vor meiner Nase ab: Das Kanin streckte lupenhaft nur den Kopf aus dem Bau, checkte die Lage, drehte sich um 180 °, um auch die andere Seite genau in Augenschein zu nehmen und tauchte vollkommen gelassen und langsam wieder in die Röhre ab. Ich bekomme das Bild von einem auf – und wieder abtauchenden U-Boot, das sein Periskop ausfährt, um den Feind zu lokalisieren, nicht aus dem Kopf!
Bernd und „Zoe“ hatten in dieser Runde am Hagebuttenbau den wohl schwierigsten Platz. Die Kaninchen, die seine „Zoe“ laut vorheriger Absprache anjagen sollte, hatten beste Fluchtmöglichkeiten in dem unweiten dichten Bewuchs. „Zoe“ ist wohl der Meinung, dass dichtes Gestrüpp für sie kein Grund ist, die Jagd abzubrechen.
So ist sie mehrfach wie ein Kampfjet im Kriegseinsatz auch in teilweise dornigen Bestand hineingeflogen. Leider wurde ihr Jagdwille heute nicht durch Beute gekrönt. Dennoch bin ich unglaublich begeistert von diesem furchtlosen Weibsstück! Auch „Zoes“ Bereitschaft, zu ihrem Falkner Bernd zurückzukehren, ist sehenswert. Nach einer Landung im dichten Unterholz, der Rückflug durch dicke Brombeeräste nicht möglich, tritt „Zoe“ die Heimreise auch schon mal geduckt zu Fuß an. Ein unvergesslicher Anblick! Die Gangart erinnert mich irgendwie an John Wayne …
Einmal mehr musste ich feststellen, dass Kaninchen nicht nur unheimlich schnelle, sondern auch wirklich schlaue Tierchen sind. Und Beizjagd nicht so einfach, wie sie dem Laien auf den ersten Blick erscheint. Viele verschiedene Rädchen müssen ineinandergreifen, damit die Uhr am Ende tickt. Alle Beteiligten müssen hellwach sein und sich aufeinander verlassen können. Mir wurde heute wieder klar, wieviel ich noch lernen muss.
Auch die Öffentlichkeitsarbeit kam nicht zu kurz. Wenn die Greifvögel auf den Blöcken bei den Autos sitzen, bilden sich in kürzester Zeit rundherum kleine Menschengruppen. Die Menschen rätseln, ob es sich um Adler oder doch um Falken handelt. Wenn sich dann der eine oder andere Zuschauer näher herantraute, um nachzufragen, war Bernd gerne bereit, Aufklärungsarbeit zu leisten. Da wurde „Zoe“ nach Ende der Jagd sogar noch mal aus der Transportbox geholt, um einem kleinen Fan ein hautnahes Erlebnis zu bescheren. Es scheint allerdings, dass diese Aufklärungsarbeit sehr behutsam vonstattengehen muss. Wenn der „Otto-Normal-Mensch“ dann begreift, dass die Vögel die Kaninchen tatsächlich töten, kann die Begeisterung anscheinend schnell in Unverständnis umschlagen. Eine heikle Gratwanderung!
Zu guter Letzt möchte ich mich ganz herzlich bei Bernd bedanken für all die Gelegenheiten, die er mir eröffnet, damit ich jedes Mal ein wenig mehr von der faszinierenden Jagd mit den Greifvögeln lernen kann. Danke für all die Lehreinheiten zwischendurch und all die Kontakte, die ich durch dich knüpfen konnte! Das ist nicht selbstverständlich und ich weiß das sehr zu schätzen!
Allzeit Falknersheil und liebe Grüße,
Petra Eckrich
Komturei Hessen
Mit dabei waren diesmal:
Falkner:
- Bernd Dietze mit „Zoe“
- Xenia Flaum mit „Pearl“
- Milena Wohlfarth mit „Hexe“
Jagdgehilfen:
- Vroni Hilse mit Frettchen „Tanja“ und „Sissi“
- Simone Wohlfarth mit Frettchen „Lola“ und „Lou“
- Paul Dietze
- Petra Eckrich
- Gunther Emmerich