Die Falknerei, die „Kunst mit Vögeln zu jagen“, nun auch in Deutschland als immaterielles Kulturerbe anerkannt
Nachdem unsere europäischen Nachbarnationen Frankreich, Belgien und die Tschechische Republik bereits im Jahr 2011 die offizielle Anerkennung der Beizjagd als immaterielles Kulturerbe feiern konnten, blicken nun auch die Falkner und Greifvogelschützer in Deutschland mit Stolz auf das Erreichte.
Von 83 Bewerbungen auf Aufnahme in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes in Deutschland waren nur 27 erfolgreich und die Falknerei erfährt dieselbe kulturelle Anerkennung wie die deutsche Brotkultur, der Orgelbau oder die Oberammergauer Festspiele.
Mit dieser Auszeichnung schließt sich der Kreis der gut anderthalb Jahrtausende umfassenden Geschichte der Falknerei im deutschsprachigen Raum. Als Einzige aller Jagdarten wurde sie von Kaiser Friedrich dem Zweiten von Hohenstaufen (1194-1250) in seinem epochalen Werk De arte venandi cum avibus – „Über die Kunst mit Vögeln zu jagen“ in den Rang einer Kunst erhoben. Durch die sogenannten leges, die Volksrechte der germanischen Stämme, hatte sie bereits in der Völkerwanderungszeit eine erste institutionelle Regelung erfahren. Im Laufe der Jahrhunderte avancierte sie zu einer unauflöslich mit dem gesellschaftlichen Leben und der höfischen Kultur verwobenen sozialen Größe. Ihre zweite bedeutende Blütezeit nach dem Hochmittelalter erlebte die Beizjagd dann im Barock. Von der Faszination, die sie auf Fürsten und Könige – jenseits aller Geschlechtergrenzen – ausübte, künden berühmt gewordene Jagdschlösser und -pavillons. Auch zahllose Kunstschätze in Form von Plastiken, Wandbehängen, Gemälden, Fresken und kunsthandwerklichen Produkten hat die Leidenschaft für die allenthalben gepflegte Falknerei hervorgebracht.
Nach einem zuerst allmählichen Niedergang im Zuge der Weiterentwicklung von Feuerwaffen geriet sie im Laufe des 19. Jahrhunderts schließlich vollständig in Vergessenheit – nur in den Niederlanden und England wurde die Tradition ungebrochen fortgeführt.
Umso erstaunlicher ist es, dass durch eine Gruppe passionierter Enthusiasten, bestehend aus falknerischen Autodidakten und den bedeutendsten Greifvogelschützern ihrer Zeit, Anfang des 20. Jahrhunderts eine Wiederbelebung der Falknerei gelang. Dieses Streben mündete 1921 in die Gründung des „Deutschen Falkenordens“, der seither als älteste Falknervereinigung der Welt bis in die Gegenwart fortbesteht. Heute stehen dem DFO mit dem „Orden Deutscher Falkoniere“ (ODF) und dem „Verband Deutscher Falkner“ (VDF) zwei engagierte Partner auf nationaler und internationaler Ebene zur Seite, die gemeinsam mit dem DFO die Belange der Falkner auch im internationalen Gremium der IAF ("International Association for Falconry and Conservation of Birds of Prey") vertreten.
Die Falkner unserer Zeit verstehen sich als Bewahrer der ältesten, natürlichsten und selektivsten aller heute noch ausgeübten Jagdarten, bei der das Wild im Angesicht seines natürlichen Gegenspielers stets alle Chancen auf seiner Seite hat, gesund zu entkommen. Gleichwohl kann die Falknerei nur mit einem Greifvogel in bester Körperverfassung kunstgerecht ausgeübt werden. Heute ist sie besonders in Gebieten unverzichtbar, wo die Jagd mit der Waffe unterbleiben muss – z. B. bei Kaninchenschäden in ortsnahen Räumen oder ökologisch bedenklichen, massierten Krähenvorkommen in der Peripherie von Siedlungen. Darüber hinaus spielt auch der praktische Greifvogelschutz eine tragende Rolle im Selbstverständnis der modernen Beizjäger. Ohne sie wäre eines der erfolgreichsten Naturschutzprojekte des 20. Jahrhunderts, die Wiederansiedlung des Wanderfalken in Deutschland nach seinem pestizidbedingten Aussterben, niemals möglich gewesen.
Hans-Albrecht Hewicker
Vorsitzender des Deutschen Falkenordens
Bokholt-Hanredder, 12.12.2014
Ralf Karthäuser
Vorsitzender des Ordens Deutscher Falkoniere
Münster, 12.12.2014
Torsten Hamberger
Vorsitzender des Verbands Deutscher Falkner
Föritz, 12.12.2014
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